Der Geschmack von Erde
Die rote Beete schmeckt nach Erde. Sie ist Botschafter für Heimat, denn man schmeckt den Boden in dem Sie gewachsen ist. Wenn meine Mutter im Frühjahr, wenn es noch kalt war von den Arbeiten im Weinberg zurückkam roch sie intensiv nach Erde. Ich mochte diesen Geruch sehr. Mit steigenden Temperaturen nahm auch die Intensität des Geruchs zu und er versprach zunehmende Sonne und Wärme. War die rote Beete früher als Arme Leute Essen verpönt, hat sie längst wieder den Einzug, auch in die gehobene Küche als gesundes Wintergemüse geschafft.Â
Der Schriftsteller Tom Robbins hat dieser wundervollen Knolle ein literarisches Denkmal gesetzt und so hat sich die Wilde Sophie entschieden, das sie sich mit ihren Gästen zwar nicht auf die abenteuerliche Jagd nach einem göttlichen Parfümfläschchen begibt, aber von dem Lieblingsbuch inspiriert auf Streifzug durch die Aromen von Wald und Gartenbeet.
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Die Rote Bete ist das intensivste aller Gemüse. Zugegeben, der Rettich ist aufregender, aber das Feuer des Rettichs ist ein kaltes Feuer, ist das Feuer der Unzufriedenheit, nicht das der Leidenschaft. Tomaten sind immerhin lebhaft frisch, aber Tomaten werden durchzogen von einem Hauch Frivolität.Â
Rote Beten sind todernst.
Slawische Völker verdanken ihre physischen Charakteristika den Kartoffeln, ihre schwelende Unruhe den Rettichen, ihre Ernsthaftigkeit den Roten Beeten.
Die rote Beete ist das melancholischste Gemüse, jenes das am bereitwilligsten leidet. Soll jemand mal versuchen Blut aus einer Steckrübe zu quetschen.
Die rote Beete ist der Mörder, der an den Tatort zurückkehrt. Die rote Beete ist das was da anfängt wo die Kirsche mit der Karotte aufhört. Die rote Beet ist der Urahn des Herbstmondes, bärtig begraben, alles nur nicht leblos; sie ist das dunkelgrüne Segel des gestrandeten Mondbootes genäht mit Venen aus Urplasma, sie ist die Drachenschnur, die einst der Mond mit der Erde verband und die jetzt nichts weiter ist als ein schlammverschmierter Schnurrbarts der verzweifelt nach Rubinen bohrt.Â
Die Rote Beete war Rasputins Lieblingsgemüse man konnte es seinen Augen ansehen.
In Europa ist der Anbau einer großen Beete verbreitet, die Mangold genannt wird. Vielleicht ist es der Mangold den wir in Rasputin erkennen. Auf jeden Fall finden wir Mangold in der Musik Wagners, wenngleich es ein anderer Komponist ist, dessen Name so anfängt: B-e——.
Freilich gibt es auch weiße Beeten und Beeten die statt Blut Zuckerwasser absondern, aber es ist die rote Beete, die uns hier beschäftigen wird; jene Art, die errötet und anschwillt wie eine Hämorride, gegen die es keinerlei Mittel gibt. (Das heißt, es gibt doch eines ; beauftragen sie einen Töpfer ihnen ein Keramik- Arschloch zu bauen – und wenn sie nicht gerade darauf sitzen dann können Sie es als Schüssel für Borschtsch benutzen.)
«Ein altes ukrainisches Sprichwort warnt: Eine Geschichte, die mit einer Roten Bete anfängt, endet mit dem Teufel.»
Dieses Risiko müssen wir eingehen.
Tom Robbins, Pan Aroma